Wie Weihnachten und Ostern an einem Tag
Morgens zwitschern 100 Vögelchen. Endlich wieder. Ein endloser Winter liegt hinter mir und den Vögelchen.
 Auf immergrünen Gehölzen dicke Staubschichten auf den eigentlich grünen Blättern. Keinerlei Niederschlag für Monate. Abgase die nicht weichen wollten. Dicke Luft, die uns am Wochenende bis auf die umliegenden Berge getrieben hat.
 Die Regierung hat einen Wettstreit zur Verbesserung der Umweltbedingungen ausgelobt: Diejenige Provinz mit einer Idee dazu und deren Umsetzung kann unterstützende Gelder aus Peking erwarten.
 Mao sagt: Lasst 1000 Blumen blühen. Lasst 100 Schulen miteinander wetteifern.
Allen hängt hier die Zunge raus.
Oft werde ich gefragt, wie viele Jahre hat es gedauert bis Deutschland so gute, oder auch gerne, die weltbesten Autos gebaut hat? Wie lange hat es gedauert bis man im Rhein wieder Fische angeln konnte? Die Luftwerte in den Städten und Industriegebieten sich besserten? 30,20 Jahre?
 Dann schaffen wir Chinesen das in 5 Jahren. Alles schneller bei uns und kostet die Hälfte als im Rest der Welt.
Noch feile ich an einer angemessenen Beantwortung. Sie sollte etwas mit jahrhundertealten Traditionen und Erfahrungen wie der der Kalligraphie und Wissen um die Beschaffenheit des Menschen wie in der traditionellen chinesischen Medizin vorhanden zu tun haben.
31. Januar war dann endlich Neujahr. Davor eine Stimmung wie bei uns vor Weihnachten. Alle mit Geschenketüten, 3 auf jeder Seite und gefüllten Einkaufstaschen. Und alle freuten sich und waren aufgeregt. In den Monitoren der U Bahn lief ein video mit dem typischen Idealfall-Ablauf für einen Durchschnittschinesen:
Vor einem Haus steigt ein junges Paar in der Dunkelheit auf ein voll beladenes Motorrad. Er mit Helm, sie mit Schal um den Kopf. Sie fahren durch eine Häuserschlucht. Dann sieht man viele Motorräder, die im Morgengrauen über eine Brücke fahren. Nahaufnahmen der fröhlich übermütigen Gesichter. Rast mit dampfenden Getränken aus hohen Thermosflaschen.
Weiter geht die Fahrt durch Schneelandschaften. Eine alte Frau ruckelt über einem Herd mit offenem Feuer Töpfe und Pfannen hin und her. Ein Großvater erzählt einem Mädchen eine schöne Geschichte in ihre leuchtenden Augen hinein. Das junge Paar fährt in eine Kurve, Frau fällt als erste und rollt ins off, der junge Mann liegt auf dem Rücken. Aus Vogelperspektive sehen wir ihn die Augen aufschlagen, Großaufnahme auf einen Zweig von dem geschmolzenes Eis tropft. Viele kommen gelaufen und helfen ihm auf. Lachend geht die schnelle Fahrt durch winterwonderland weiter. Sie kommen in einem Dorf an. Die alten Leute und das Mädchen begrüßen sie. Im Haus bekommt das kleine Mädchen einen rosa Pullover über seine Kleidung gezogen. Alle freuen sich und klatschen. Es wird gegessen, danach vor dem Haus Feuerwerk von Opa und Enkelin abgefackelt. Junge Frau und kleines Mädchen und junger Mann liegen in einem Bett. Junger Mann und Kind schlafen, junge Frau bedankt sich mit dankbaren Augen bei dem alten Mann und sieht lächelnd auf Mann und Kind. Ende.
Werbung für Schnaps in einer grünen Porzellanflasche.
So ist Neujahr hier. Feuerwerk nicht nur tagsüber wie sonst das ganze Jahr, sondern zusätzlich die ganze Nacht. Ohne Unterbrechung stundenlang. Wir waren gewarnt worden. Gemütlich zu Hause ist nicht in dieser Nacht.
 Am nächsten Morgen haben wir das Land verlassen.
Für eine Woche Freiheit in einer Monarchie.
Thailand
Aber das ist eine andere Geschichte.