Abaya

 

Also eine Abaya kaufen. In dieser Stadt. Nicht in Riyad. Nicht in Jessah, oder den Bergen, im 2200m hoch gelegenem Abhar, nicht in Düsseldorf. Denn jede Stadt, jede Provinz hat ihre eigenen Codes, was für eine Frau ok ist, was gerade noch geduldet wird und was gar nicht geht. Dazu von einer Frau ein Artikel aus der Arab News       http://www.arabnews.com/columns/news/765586 .

 Sie spottet ein bisschen dass die Nichtarabische Welt überhaupt keine Ahnung von den Bedürfnissen einer arabischen Frau hat und wenn man Geschäfte machen will, sollte man diese kennen.

 Da die Opposition zum Königshaus hauptsächlich aus dieser Ostprovinz kommt, gehörte bis 1913 zum Osmanischen Reich,  kann man von einem offeneren Geist in Dammam/Al Khubar ausgehen. Trotzdem sah ich in unserem Hotel Restaurant, als eine Frau ihren Gesichtsschleier abnahm, wie ihr Mann mit gerunzelter Stirn sie ansehend, eine streichende Handbewegung über seine Stirn machte und sie sofort ihr Haupttuch enger an ihr Gesicht zupfte. Selbst im Restaurant haben alle Frauen ihre Gesichter verschleiert. Wenn die tobenden Kinder und schreienden Babys nicht wären, eine drückende Stimmung, die diese schwarzen, stummen Säcke um sich verbreiten.

 

 

Na ja, es ist Ramadan. Die ganze Zeit läuft auch auf den Schirmen Direktübertragung aus Mekka und Medinah. Die Massen, die in Schneckenkreisen den schwarzen Stein umrunden. Männer und Frauen nicht getrennt

erstaunlicherweise.

Deswegen fragt mich wohl auch eine Kundin, die mich ein bisschen berät, ob ich denn Muslimin sei. Als wollte sie sagen, deine Religionsvorschriften erwarten das doch gar nicht von dir zu tragen. Stein des Anstoßes möchte ich aber auch nicht sein.

 

Die Auswahl ist zu groß. 100 Läden in jedem hängen 1000. Jeder ist anders. Zuerst werden mir immer die Ladenhüter gezeigt. Wilde Muster, weiße Borten und Troddeln, Applikationen mit Glitzer und Farben. Hab ich noch nie im Straßenbild gesehen.

 Eigentlich ist es nur ein Mantel. Schnitt Bademantel. Vorne wird auf der Blende mit Druckknöpfen oder Häkchen geschlossen. Oder einfach zugenäht. In die Geschäfte kommen Frauen alleine, zu zweit oder mit Ehemann. Auch der Verkäufer ist ein Mann. Das ist eigentlich nicht ok Frauenkleidung an Frauen von Männern verkaufen zu lassen.

 Aus einem Geschäft gehe ich auch hinaus, weil ein Ehemann mich unverhohlen anstarrt. Als ich den Mantel überziehen soll, es gibt keine Umkleidekabinen, lege ich den Mantel auf den Ladentisch und gehe. Ich bin keine kostenlose Liveshow.

In dem ersten Geschäft sind zwei junge Mädchen ohne Gesichtsschleier beim durchwühlen der eng gehängten Abbayas. Ich versuche ein Lächeln und sie lächeln zurück. Das ist nicht immer so. Sofort frage ich sie was ich alles beachten möchte: Länge, Ärmel anliegend oder weit. Bequem zum laufen und weit und die nackten Arme kein Problem. Begeistert strahlen sie mich an.

  Ich geh noch in zwei Geschäfte. Die Yemen Läden sind teuer, sagt man mir. Gute Stoffqualitäten finde ich aber nirgends. Ich geh zum ersten Geschäft zurück und nehme die Abaya, die mir als erste gefallen hat. Mit passendem Tuch. Hier gibt es einen Vorhang mit Spiegel und mit Hilfe einer Kundin werden die Änderungen für den Schneider besprochen. In einer Stunde soll alles fertig sein.

Mit einem Taxi fahren wir zum Geldautomaten, zur Wäscherei und zurück. Der Taxifahrer will 60 Rial. Klaus sagt er meint wohl 16, und gibt ihm 20. Nein, lacht er, natürlich 60, und gibt das Geld zurück. Klaus legt noch einen 10er drauf, aber auch damit ist er nicht einverstanden. Wir stehen kurz vor einer Ampel, etwas seitlich vom Verkehr.

Plötzlich stinksauer kurbelt der Taxifahrer die Scheibe herunter und ruft den Polizisten, der an der Ampel aufpasst damit sie auch beachtet wird. Der Polizist kommt, ein kurzer Wortwechsel, da greift der Polizist in den Wagen und zieht den Schlüssel ab und geht von dannen. Mitten in seinem Redefluss unterbrochen seufzt der Mann resigniert auf.  Ich lege schnell noch 30 auf die Mittelkonsole nach vorne und steige aus, dem Polizisten nachlaufend, hinter mir mein entsetzter Mann.

 

Als ich bei dem Polizisten bin, übergibt dieser den Schlüssel gerade seinem Kollegen. Ich will von 'misunderstanding' anfangen, aber er sagt nur knapp und streng, I know. I know. Damit ist das Gespräch beendet, der andere hat nicht einmal aufgesehen, und ich drehe mich schnell um. Es ist doch etwas unheimlich, in der Dunkelheit, das flackernde Licht des Polizeiautos, der langsam dahin kriechende Autoverkehr, die schwarzen Gestalten, die weißen, langen Gewänder.

Wir biegen um die nächste Ecke und als wir dort später wieder vorbei gehen ist das Taxi nicht mehr dort und die Polizisten kümmern sich um einen Unfall mit einem Porsche.

Die Abaya zieh ich nach den Änderungen gleich an. Es ist ein Unterschied. Leicht und luftig ist sie zu tragen. Ideal bei dem starken Wind. Nur mit dem Tuch muss ich noch üben.