Jetzt waren wir so oft eingeladen,
dass etwas Konkretes von unserer Seite mal kommen muss. Haben wir beschlossen. Wir weihen den Lehrer ein. Er muss uns helfen. Wir wollen das Boot, das immer vor dem Hotel liegt mieten und in dem hoch oben im Park gelegenen Nobelschuppen einen Raum für 10 Personen zum Abendessen am Samstag bestellen. Danach gehen wir mit den Kindern über die Fußgängerbrücke, die gespickt mit Kinderamüsements ist. Ein super Plan. Und verraten wird überhaupt nichts. Sie werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Wir bezahlen alles gleich wenn wir ankommen im Voraus.
Verabredet sind wir ja schon für den Nachmittag zum spazieren gehen und fotografieren der berühmten Felsengruppe. Eine Touristenattraktion. Wir kennen sie schon Wolken verhangen, aber im Moment ist seit 10 Tagen Sonnenschein mit bayerisch-blauem Himmel.
Pünktlich klingelt das Zimmertelefon. „Ihre Freunde erwarten ihre Freunde im Eingang“. Ich hab ein Kleid für das Töchterchen als Geschenk dabei. Eine Tasche mit Stiefeln zum wandern, einen Regenschirm als Sonnenschutz. Wir huschen seit Tagen von Schatten zu Schatten. Mal mit der Devise „Ich brauch jetzt was eiskaltes zu trinken“, mal mit „Heißes Wasser ist, glaub ich, das einzig Wahre in den Tropen“.
In der Eingangshalle erhebt sich eine Gruppe und kommt auf uns zu. Unsere Freunde stellen uns zwei Paaren und einem einzelnem Mann und noch einer Frau vor. Alle noch nie gesehen. Zwei Kinder…, wer gehört zu wem? Alle strahlen und nicken uns aufmunternd zu. Wir gehen zum Eingang, diesmal sind es drei Wagen. Wir kommen in einen Mercedes 300 L, „Germany imported“. Vorne sitzen zwei Männer. Wahnsinnig sympathisch, der eine spricht ganz gut Englisch. Sie sind Ingenieure, Maschinenbau, und besitzen eine Mine, ein Bergwerk und fördern Nichtmetallische Mineralien, also Silicate, Kaolin. z.B. für die Porzellanherstellung. Sand, Puder in Nanometer Level.
Ihre Kunden sind in Indonesien, Tansania, Süd Afrika. Ob wir Interesse haben zu der Fabrik zu fahren. Ja, klar. Auf zu den Produktionsstätten. Es sind mehrere lang gestreckte Gebäude und ein sehr hoher Schornstein. Sie haben sie in zwei Jahren gebaut. Für die nächsten 5 Jahre ist die dreifache Gebäudefläche geplant. Wird berichtet. Die Geschäfte gehen gut. Wird gesagt. Wir zeigen uns wohl zu wenig beeindruckt. Was soll man sagen? Die Gebäude sind nicht fertig gestellt. Von ihrem Geschäft verstehen wir nichts und afrikanische Geschäftspartner sind für Chinesen bestimmt keine einfachen Verhandlungspartner Es gibt in einer nahe gelegenen Stadt auch Deutsche mit denen sie Kontakt haben und die wir demnächst kennen lernen sollen. Man darf gespannt sein. Aber jetzt wird erst mal eine Teezeremonie im Büro gemacht. Ein Tässchen Tee ist immer gut.
Was ist das eigentlich, Teezeremonie? Frag ich mich schon seit Shirley McLain in einen Film, für einen Film zum großen Entsetzen der Japaner zwei Tage Zeit dafür hatte. Dafür bräuchte man selbstverständlich Jahre, meinte der alte Zem Meister. Hätte ich auch gesagt wenn die Ausbildung mein Job wäre.
Ganz materialisiert gesprochen, eine große Planscherei vor allem.
Der Teezeremonietisch, oder –Holzkasten, oder –Porzellanschüssel mit Deckel hat einen Ablauf, darunter steht ein Eimer. Die Tässchen und zwei Kannen werden heiß ausgespült und die Tässchen, und dies Wasser kippt man dann einfach so in den Ablauf, bei uns hier mit Plastikschlauch. Mit einer Pinzette wurde von dem gepresstem Teeblöckchen in eine Kanne gebröckelt. Bisschen heißes Wasser drüber, und nach einigen Sekunden in die zweite Kanne abgegossen und aus dieser in die Schälchen verteilt. Drei Runden ging das wohl so. Bei der Hitze wirkt sich das regulierend auf den Blutdruck aus, man fühlt sich leicht, „irgendwie gut drauf“. Pu-Err Tee aus einer südlichen Provinz, das Blöckchen zu schlappen 2000RNB. Als ich sagen sollte wie er schmeckt wusste ich den Preis nicht und sagte „irgendwie nußig“. Das kam aber von den kleinen Maronen, die wir zu Anfang pullten und knabberten. Dann wurden noch kleine Melonen geschält und scheibchenweise verteilt, Pfirsiche mit einem Sparschäler gehäutet, große grüne Pflaumen auch so geschält verzehrbereit angeboten.
Alles in allem irgendwie an kollektiven Drogenkonsum mit vorbereitenden Handlungen erinnernd. Sagte ich auch. Selten hat mein Egoshooter den Eindruck helfend eingreifen zu müssen mir stärker vermittelt. Plötzlich erzählte er von ganz vielen Beispielen deutscher liebgewonnener kulturimmanenter Rituale. Wie z.B. „ anschneiden der Geburtstagstorte“, „ anschneiden der Hochzeitstorte“, „gemeinsames zubereiten eines drei-Gänge-Menüs, very popular“. Besser drauf ist man aber nach diesem Tee.
Ungewöhnlich fand ich den großen Hausaltar. Nach Anfrage bei uns, ob es ok wäre, wurden Räucherstäbchen darauf angezündet. Neben dem Altar mit einem goldenen
Schnurrbart-Philosophen? stand eine menschengroße Holzplastik, eine Frauengestalt. eine Göttin zuständig für Frauen bei Kinderwunsch. Ein schöner Anlass für die Frauen nach meinen Kindern zu fragen. Ein schöner Anlass Fotos zu zücken und welche zu machen.
Bei schönstem Sonnenschein waren wir aufgebrochen, jetzt auf dem Weg zu den berühmten „mountains“ zog es sich zu. Als wir aus dem Auto stiegen brauste es. Huuuui und innerhalb Sekunden war der Berg in Nebel gehüllt, es krachte und donnerte und ich war froh im Auto zu sitzen.
Jetzt würden wir in ein schönes Lokal am Fluss mit einer besonderen Fischspezialität fahren.
Aber wir hatten ja auch was vorbereitet. Aber nein, das wär ja auch in der Stadt. Wir zeigten die Karte des Restaurants. Ja, ist das Beste in Jiangshan. Sie kennen die Besitzer gut. Sie rufen grad da an und sagen die Reservierung für den Raum ab. Das ist überhaupt kein Problem. Wir erlauben doch.
Tja, das war das mit unserer unumstößlichen gut vorbereiteten Einladung.
Es war dann noch sehr schön da auf dem Land. Die Kinder fingen Zikaden - ich so, “you cook them?- No. We fry them. They are very delicious“, und brachten sie in durchsichtigen Plastikbechern auf den Tisch und die Großen prosteten sich munter zu. Auch ohne Alkohol darf man das. Aber ohne zuprosten darf man gar nicht trinken.
Und immer ist mindestens ein Typie dabei, der vorgestellt wird, er sei beim government und ein guter Freund. Scheint eine wichtige Sache hier zu sein, auch im Privatleben. Auch die Großzügigkeit des governments wird gerne betont. Freier Eintritt im Museum Jiangshan, freier Eintritt in dem kleinen Park neben unserem Hotel. Eine Frau schwärmte sich richtig in Stimmung von dem großzügigem „government“. Da konnte ich mich dann nicht mehr bremsen und sagte, dass der Eintritt wie auch das government mit den Steuern, und die sind happig, die das Volk von China zahlt, ermöglicht wird, ich Stimmungskiller aber auch. Man muss einfach viel romantischer sein und sich von erhabenen Gefühlen mitreißen lassen. So läuft das hier.
Für den nächsten Samstag verabreden wir uns zum wandern. Abmarsch 6:00 am. Was für ein Spaß wird das wohl werden?
Vor dem Hoteleingang steigen wir aus dem Mercedes und jetzt gibt es noch ein Gastgeschenk für uns. Aus dem Kofferraum des 300L, eher ein Schrankzimmer, wird ein schwerer roter Karton gehoben, darauf steht in gold „Fine Bone China“. Zu zweit heben sie den Deckel ab. Drin ist ein chinesisches Porzellan-Tafelservice für 10 Personen.
Damit enden meine Texte nach drei Monaten in der schönen Provinz Zhejiang.
PS Die Wanderung fand tatsächlich statt. Alle waren pünktlich. Als erstes waren wir aber erstmal frühstücken auf der Fahrt zum Berg. Drei Felsen stehen da im platten Land auf einem Hügel, der übersetzt die “ Drei Brüder heißt“. Es ist seit 2010 ein Weltkulturerbe und man zahlt 60 Yuan für die Begehung der sehr gut ausgeführten Stufen und Wege. Wenn man chinesische Touristen kennen lernen möchte, eine super Unternehmung, die sich großer Beliebtheit erfreut. Alle Parkplätze überfüllt. Wer zu spät am Vormittag kommt muss sehr weit laufen bis der eigentliche Aufstieg von ungefähr 800 Höhen Metern beginnt.
Die drei Brüder warteten auf ihre wunderschönen Ehefrauen, die Göttinnen waren und nicht mit ihnen auf der Erde bleiben konnten. So wurden die drei Brüder über ihrem langen Warten zu Stein.