Menschen im Hotel 

Außer am ersten Tag einen Schweizer zur Montage für 2 Tage, habe ich hier noch keinen Westler gesehen, wie auch nicht in der Stadt.

Über der Lobby kragt eine Galerie mit Tischen von der ich wie aus einer Loge eines vierstöckigen Theatersaals das Kommen und gehen super mitbekomme.

Wenn ein Kongress stattfindet sausen junge Frauen in Chanel Ensembles zu der Rezeption, zurück zu Limousinen, steigen in Busse, warten an Bussen mit handouts, junge Männer in bespoke Schneiderarbeit tragen dicke Taschen, deren lange Gurte sie fast zu Boden zu reißen scheinen.  Ältere Männer gehen angemessen federnd, keinerlei Personal wahrnehmend, zielgerichtet auf einen mir nicht erkennbaren Punkt zu und bilden mit hinzukommenden Männern lockere Wölkchen auf dem spiegelndem Marmor.

Es gibt auch Busse voll mit Arbeitskollegen vielleicht, die nach ihren Tüten zu schließen hier Werke, companies besichtigen. Porzellanfabrik, Wanda Industries, kenn ich aus dem Internet bisher nur. Landfrauenverband, Gewerkschaft so was stell ich mir vor.

Am Wochenende viele junge Pärchen in Gruppen auftretend. Die Gegend ist neben der Industrie auch ein touristisches Ziel. Allerdings noch nicht für Ausländer.

 Vorigen Freitag gab es unabhängig voneinander mehrere Frauen, die abends bei der Rückkehr sturzbetrunken nicht mehr laufen konnten. Ältere recht schaffende Frauen waren ziemlich pikiert. Sie schliefen eine Weile in den Ledersesseln, dann wurden sie mit Hilfe mehrerer in den Fahrstuhl gehievt. An den Reaktionen sah man, dass das totale Ausnahmen waren. 

Wenn die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Kunming fertig ist wird sich das mit dem Tourismus sicher verstärken. Es ist sehr grün hier. Und regnet viel. Dabei warm. 

Heute nach dem joggen sind wir total durchnässt durch die marmorne Lobby getrieft. Aber es sind ständig zwei Leute, nicht nur Frauen, eine mit Nasswischer, eine mit Trockenfeudel, die systematisch, Bahn für Bahn, den Status quo erhalten. Draußen vor dem Eingang dasselbe, bei Regen dann in bodenlangen grünen Gummimänteln mit riesigen Gummi- hoodies und –stiefeln.Diee armen Hochzeitsgesellschaften bei dem Regen, heute zwei.

 

Alles dekoriert in einem Traum aus hellblau und silber. Die Flure gepflastert mit Bildern des Brautpaares auf Staffeleien in neckischem movie posing. 

 In den Sälen Tische für einmal 600, einmal 300 Leute festlich weiß gedeckt. Die rustikalere Variante mit Cola, Sprite, Whiskey und Reisschnaps schon auf dem Tisch. Es wird gern alles lauwarm getrunken.

 Heute Morgen war die Warmhaltefläche unter dem Orangensaft kaputt. Da war er echt das erste Mal kalt. Wird eh überschätzt, der O-Saft.  Ist was für einen robusten Magen so früh am Morgen.

Los geht der Einzug des Brautpaares mit einer Knallerei bis alles in weiße Rauchschwaden gehüllt ist. Erst dann fährt das Brautpaar vor. Sie ziehen sich dann erstmal zurück, bevor sie ihre Gäste  vor einem Tisch hinter dem großzügig Gardinen drapiert sind, begrüßen. Unzählige Kartons mit den Gastgeschenken stehen daneben. Hinter dem Tisch sitzen zwei, drei Leute mit langen Listen vor sich.

In dem Festsaal gibt es also Platz für 600 -, in diesem Fall 580 Personen zu sitzen, auch einen rot gedeckten Tisch für die Brauteltern und nächsten Verwandten, aber – nicht für das Brautpaar. Sie setzen sich niemals. Sie gehen durch die erste Tür und dann durch die Tische zu allen ihren Gästen. Wenn sie durch sind, - durch die letzte Tür wieder Abmarsch für die beiden.

 Drei Minuten an jedem Tisch bei 60 Stück davon, sind sie locker drei Stunden unterwegs.

Es ist aber auch eine beleuchtete Bühne aufgebaut und eine kleine Band an der Seite. Es werden Reden gehalten und Lieder von den Gästen zum Besten gegeben. Nicht getanzt.