Stimmungstief

Was macht man, wenn nichts mehr geht, alles nur schrecklich ist? Keine Kraft für mehr?

Man macht noch mal 10 Minuten weiter.

Also mach ich mein Sportprogramm noch ein bisschen härter und auch  gewissenhaft jede Scheißtrizepsübung, dann Haut, Nägel, Haare, und zum Schluss ein Outfit, als ob ich eine Armani/MaxMara/Hermes-Verkäuferin von meiner modischen Kompetenz und Liquidität überzeugen müsste, damit sie mal was von den Klamotten rausrückt zum anprobieren(Mitte August: Wir haben seit zwei Wochen nur noch Herbst/Winter Ware). Idiotin, Depperte.

Bei mir ist das ein dunkelblaues Hemdblusenkleid von H&M, in das ich in die Seitennähte Satinstreifen genäht habe zwecks Umfangerweiterung. Sehr praktisch das. Mit Doppel Ledergürtel aus meinem Fundus und Sandaletten von Hogan. Ein reduzierter Stil, der meine Rüstung sein soll. Man könnte auch Abgrenzung sagen, mein „beleidigte Leberwurst" Status.

Ohne Hoffnung auf aufhellende Wirkung meiner Stimmung, aber mit Rückrad klettere ich in die Rikscha und mach meine Handzeichen zum Markt. Natürlich kenn ich längst die Worte für rechts und links und geradeaus. Nur die Chinesen kennen sie nicht. Pech, besonders für mich Idiotin, die nicht ablässt sich zur Depperten zu machen.

 Beim Schuster vor den ältesten Markthallen Jiangshans läuft für mich erst mal alles wie immer. Ein Reißverschluss wird wieder eingehängt, Absätze neu eingeklopft. Mädchen bleiben kichernd stehen und machen sich gegenseitig auf mich aufmerksam. Mutige stellen sich vor mich und sagen Hello. Prustend den Mund sich mit der Hand zuhaltend laufen sie zurück zu ihrer Gruppe.

Übelster Laune gehe ich durch die Markthalle, wegen einer Art Kissen, die mit kleinen Zweigabschnitten gefüllt sind und Bambusstäbchen ummantelt eine gute Stütze in unseren unbequemen Hotelstühlen darstellen. Eine Entdeckung von meinem Yogi.

Bei den Porzellanen, Gläsern und allem Möglichen suche ich nach einem Sparschäler. Alle raspeln damit von den unreifen aber süßen Pfirsichen und Pflaumen die Haut ab. Das will ich auch. Die Bananen und Äpfel vom Hotel hängen mir zum Hals raus. Noch so ein Punkt.Gestisch werd ich verstanden und der Sparschäler wird unter dem Ladentisch hervorgeholt.

Ich will noch mal eine Runde machen. Bei den Vasen hab ich in zwei Glasvasen was blaues und rotes gesehen. Es ist nicht zu glauben. Aber nebeneinander stehen zwei kleine Vasen mit jeweils einem blauen und einen roten kleinen Fisch. Also echte Fische. So 6cm lang. Einfach so zur Deko, scheint es.

Eine Stimme sagt, Hello. What are you doing here?  You come for holidays? Whats your name? Wohl kaum, außerdem, sag du doch erstmal deinen Namen, denk ich und sag hello, nice to meet you. Da reicht sie mir ihre Hand und stellt sich vor.

Das hatte ich noch nie. Ich lass mich noch mal drauf ein. Bisschen talken über was wir gekauft haben, wie lange wir hier sind, Visitenkarten, Telefonnummern tauschen. Dann überlegt sie kurz, mustert mich von oben bis unten und fragt, wenn ich Zeit hätte, ob ich nicht zum Lunch mit ihr und ein paar Freunden, die sie eingeladen hat, mitzukommen Lust hätte. Dann könnte ich praktischerweise gleich noch ein paar neue Leute kennen lernen.

Während ich zögere, oder besser zögern will, denke ich, was gibt es da zu überlegen.

 Ich muss einfach nur eine Tür aufmachen.